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Entwicklungen in Ostafrika – Potenzielle Risiken

Stand: 30. März 2025

Die Konfliktdaten für Ostafrika zeigen beunruhigende Entwicklungen. Insbesondere in zwei Staaten – Äthiopien und Südsudan – konnte in den vergangenen Monaten eine Zunahme der gewaltsamen Auseinandersetzungen sowie deren regionale Ausweitung beobachtet werden. Dieser Blogbeitrag gibt einen Überblick über die relevanten politischen Konflikte und erklärt, welche potenziellen Risiken in der Zukunft entstehen könnten. Drei Konflikte bilden den Fokus:

Übersichtskarte Ostafrika

1. Äthiopien Eritrea

Während des Krieges zwischen der äthiopischen Regierung und der Tigray People’s Liberation Front (TPLF) von 2020 bis 2022 unterstützten eritreische Truppen die äthiopische Armee. Das im November 2022 unterzeichnete Pretoria Agreement zwischen der TPLF und der äthiopischen Regierung forderte unter anderem den Abzug aller Truppen. Eine Forderung, der Eritrea bis heute nicht nachgekommen ist. Zuletzt forderte der UN-Menschenrechtsrat im Februar 2025 zum Truppenabzug aus der nordäthiopischen Region Tigray sowie zur Unterlassung von Menschenrechtsverletzungen, zu denen unter anderem Plünderungen, willkürliche Verhaftungen und Entführungen zählen, auf.[1] Obwohl die zwischenstaatlichen Spannungen bereits während des Krieges gegen die TPLF zugenommen haben, wurde der öffentliche Umgangston in den vergangenen Monaten schärfer. Eritrea wirft Äthiopien vor, zum „Sündenbock“ gemacht zu werden, indem es die eigenen Konflikte externalisiert. Gleichzeitig beschuldigt beispielsweise der ehemalige äthiopische Präsident Mulatu Teshome Eritrea, den Norden – insbesondere Tigray – zu destabilisieren.[2]

Ein zwischenstaatlicher Krieg würde zu einer zunehmenden Destabilisierung des Horns von Afrika führen und ist angesichts der in Äthiopien bestehenden innerstaatlichen bewaffneten Auseinandersetzungen gegen die OLA in Oromia und Fano in Amhara zum aktuellen Zeitpunkt als eher unwahrscheinlich einzuordnen, aber nicht auszuschließen. Eine Zunahme der diplomatischen Spannungen, unter anderem Abzüge oder die Einberufung von Botschaftspersonal, ist dagegen wahrscheinlicher. Insbesondere bleibt abzuwarten, welche Anordnungen der eritreische Präsident Afewerki in den kommenden Monaten geben wird, nachdem im März 2025 zu einer Generalmobilmachung aufgerufen wurde.[3]

2. Äthiopien (TIA – TPLF)

Innerhalb der TPLF nehmen die Spannungen seit über einem Jahr konstant zu. Im Zentrum des Konfliktes stehen dabei der Vorsitzende der TPLF, Debretsion Gebremichael, und der Präsident der Tigray Interim Administration (TIA), Getachew Reda. Während der Konflikt, der insbesondere die Macht der TPLF in der TIA betrifft, bis Dezember 2024 überwiegend innerparteilich ausgetragen wurde, ist seit Januar eine Ausweitung zu beobachten. Mitglieder der Tigray Defense Forces forderten die Auflösung und Neustrukturierung der Regionalregierung und positionierten sich offen zugunsten von Gebremichael. In der Folge kam es im Januar und Februar 2025 zu zahlreichen, teils gewaltsamen Protesten in Tigray sowie vereinzelt zu friedlichen Demonstrationen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.

In den kommenden Monaten wird entscheidend sein, inwieweit das Pretoria Agreement eingehalten und umgesetzt wird – und welche Reaktion von nationalstaatlicher Seite zu erwarten ist. Premierminister Abiy Ahmed hat in einer Besprechung mit seinem Militär bereits zu Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft aufgerufen.[4] Eine, wie bereits 2020 erfolgte, Stationierung äthiopischer Militärs in Tigray könnte daher seitens der Regierung als mögliche Maßnahme zur Verhinderung einer Destabilisierung der Region in Betracht gezogen werden.

3. Südsudan

Von 2013 bis 2018 standen sich der aktuell amtierende Präsident Salva Kiir (Sudan People‘s Liberation Movement (SPLM), Angehöriger des Volkes der Dinka) und sein Rivale Riek Machar (SPLM-in-Opposition, Angehöriger des Volkes der Nuer) im südsudanesischen Bürgerkrieg gegenüber. 2018 wurde ein Friedensvertrag geschlossen und eine Einheitsregierung mit Machtteilung gebildet, in der Machar Vizepräsident wurde.[5] Seit etwa einem Jahr nehmen die Spannungen zu. Zum einen, da Präsident Kiir gehäuft Regierungspersonal ohne die Angabe von Gründen austauscht. Unter anderem wurde der von der SPLM-IO ernannte Governor General Alfred Futuyo in Western Equatoria am 10. Februar 2025 ersetzt, was zu Gewalt zwischen Soldaten der Armee (South Sudan People’s Defense Forces -kurz SSPDF) und der SPLM-IO geführt hat. Dabei sollte erwähnt werden, dass in dem Friedensabkommen festgelegt ist, dass die SPLM-IO für festgesetzte Positionen in National- und Lokalregierungen ein Ernennungsrecht hat und der Partei neben neun Ministerien 27 Prozent in den Regionalregierungen zustehen.[6] Zum anderen steigen die Spannungen, weil die für November 2024 geplanten ersten Wahlen seit der Unabhängigkeitserklärung des Südsudan im Jahr 2011 um zwei Jahre auf das Jahr 2026 verschoben wurden, bisher allerdings ohne nennenswerte Fortschritte bei den Vorbereitungen der Wahlen.[7]

Die Anzahl der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den genannten Konfliktparteien hat im Februar und März 2025 einen neuen Höhepunkt erreicht. Auslöser waren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der sogenannten White Army, einer Machar nahestehenden Miliz der Nuer, und den SSPDF in der Region Upper Nile, wobei Erstere am 4. März eine Militärbasis einnahm.[8] Infolgedessen wurden Machar nahestehende Minister verhaftet und Uganda stationierte Truppen zur Machtsicherung von Präsident Kiir in Juba, der Hauptstadt des Südsudan[9]. Der Konflikt eskalierte im weiteren Verlauf des März, unter anderem mit Luftangriffen in Upper Nile. Am 26. März wurde Machar selbst verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Einen Tag später, am 27. März, verkündete seine Partei den Austritt aus dem Friedensabkommen.[10]

Das Risiko eines erneuten Bürgerkrieges begleitet von ethnisch-motivierter Gewalt zwischen Dinka und Nuer gilt im Südsudan folglich als hoch.

Über die Autorin:
Sarah Pauly
Leitet die CONIAS Risk Intelligence Afrika-Gruppe
Michael Bauer International GmbH

Die Entwicklungen in Ostafrika zeigen, wie dynamisch und komplex politische Konflikte verlaufen – mit teils weitreichenden Folgen für Sicherheit, Wirtschaft und Investitionen. Um in solch volatilen Regionen fundierte Entscheidungen treffen zu können, braucht es datenbasierte, kontinuierlich aktualisierte und wissenschaftlich fundierte Analysen. MBI CONIAS Risk Intelligence bietet genau das: Unsere Daten und Auswertungen liefern eine belastbare Grundlage zur Bewertung politischer Risiken. Damit unterstützen wir Unternehmen, Organisationen und öffentliche Akteure dabei, Risiken frühzeitig zu erkennen und proaktiv zu handeln.


Quellenangaben:
[1] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/02/human-rights-council-hold-its-fifty-eighth-regular-session-24-february-4 [12.03.2025].
[2] https://www.thereporterethiopia.com/43991/ [21.03.2025].
[3] https://hrc-eritrea.org/eritrea-orders-nationwide-military-mobilization-raising-fears-of-renewed-conflict/ [18.03.2025].
[4] https://borkena.com/2025/02/15/ethiopian-pm-abiy-ahmed-warns-military-generals-to-be-ready-as-security-concerns-escalate/ [23.03.2025].
[5] https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/south-sudan/300-toward-viable-future-south-sudan [20.03.2025].
[6] https://docs.pca-cpa.org/2016/02/South-Sudan-Peace-Agreement-September-2018.pdf, Seiten 15-23 [30.03.2025].
[7] https://www.radiotamazuj.org/en/news/article/troika-peace-partners-exhibit-constant-failure-of-political-will-to-end-transitional-period-successfully; https://www.africanews.com/2025/02/26/un-warns-time-running-out-to-organise-credible-elections-in-south-sudan/ [23.03.2025].
[8] https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/south-sudan/south-sudan-precipice-renewed-full-blown-war [17.03.2025].
[9] https://www.aljazeera.com/news/2025/3/7/fighting-flares-in-south-sudan-is-the-2018-peace-deal-in-danger; https://www.aljazeera.com/news/2025/3/11/uganda-deploys-troops-in-south-sudan-as-civil-war-fears-grow [23.03.2025].
[10] https://www.africanews.com/2025/03/27/south-sudan-opposition-party-says-leaders-arrest-cancels-peace-deal/ [30.03.2025].

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