{"id":8786,"date":"2021-04-16T12:13:24","date_gmt":"2021-04-16T10:13:24","guid":{"rendered":"https:\/\/www.mbi-geodata.com\/de\/?p=8786"},"modified":"2023-08-24T12:24:05","modified_gmt":"2023-08-24T10:24:05","slug":"russland-truppenaufmarsch-ukrainische-grenze","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.mbi-geodata.com\/de\/2021\/04\/16\/russland-truppenaufmarsch-ukrainische-grenze\/","title":{"rendered":"Russlands Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze: Warum jetzt?"},"content":{"rendered":"

\"Ukraine-Russland-Donbass\"<\/p>\n

Besorgniserregende Signale sind zu erkennen: Die Truppenkonzentrationen der russischen F\u00f6deration an der ukrainischen Grenze sind ungew\u00f6hnlich und gleichzeitig angsterregend. Die Parallelen zum letzten Kriegsausbruch sind deutlich. Zudem sind die Beziehungen zwischen beiden Staaten seit dem von Russland gesteuerten Krieg in der ukrainischen Donbass-Region und der Besetzung der Krim durch russische Soldaten so schlecht wie keine zweite zwischen anderen europ\u00e4ischen Staaten.<\/p>\n

Besteht die Gefahr eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine?<\/strong><\/p>\n

Insgesamt ist die Lage als sehr ernst zu bezeichnen und vermutlich ist die Kritik aus der Ukraine und anderen \u00f6stlichen NATO-Staaten berechtigt, dass Deutschland und andere westliche Staaten die Lage nicht in ihrer Tiefe und Bedrohlichkeit begreifen. Auch Auswertungen aus unserer MBI CONIAS Konfliktdatenbank<\/a>, in der der Verlauf von mehr als 1.000 politischen Konflikten seit 1945 gespeichert ist, zeigen deutlich, dass in weit mehr als 50% aller verzeichneten F\u00e4lle auf solche Art von Truppenkonzentrationen Kriege oder andere hochgewaltsame milit\u00e4rische Auseinandersetzungen folgten. Besorgniserregend war zuletzt die in Russland durch die staatlich kontrollierten Medien verbreitete Meldung, die Ukraine plane R\u00fcckeroberungen. Aktionen wie diese bereiten die wichtige und von der russischen Regierung ben\u00f6tigte innerstaatliche Legitimation f\u00fcr einen weiteren Krieg gegen die Ukraine vor. Unternehmen ist in dieser angespannten Situation zu empfehlen, \u00e4u\u00dferst achtsam vorzugehen, vermeidbare Reisen in die Ukraine zu unterlassen und sich mit Notfallpl\u00e4nen auf eine Unterbrechung der ukrainischen Lieferkette vorzubereiten.<\/p>\n

Warum ist diese Entwicklung gerade jetzt zu beobachten?<\/strong><\/p>\n

Zu einer Lage-Analyse geh\u00f6rt auch immer die Frage: Welche Bedeutung hat der Zeitpunkt der Aktion? In anderen Worten ausgedr\u00fcckt: Warum erfolgt der Aufmarsch jetzt, warum nicht vor zwei Monaten, was hat sich zwischenzeitlich ver\u00e4ndert? Mindestens zwei Antworten sind hier denkbar, eine untermauert die Bedrohlichkeit der Aktion, die andere k\u00f6nnte ein rationales Argument liefern, welches Hoffnung auf einen friedlichen Ausgang der Situation gibt. Kritisch zu sehen ist, dass Russland in den vergangenen Jahren in den umstrittenen Regionen der Ost-Ukraine in gro\u00dfem Umfang P\u00e4sse an die Bev\u00f6lkerung ausgeben lie\u00df. Sch\u00e4tzungen gehen von mindestens 400.000 neuen russischen Staatsb\u00fcrgern aus. Diese k\u00f6nnten Russland nach eigenem Verst\u00e4ndnis ein Argument liefern, diesen Bev\u00f6lkerungsteil nun auch auf offiziell russischem Staatsgebiet sch\u00fctzen zu wollen.<\/p>\n

Testet Russland den neuen US-Pr\u00e4sidenten?<\/strong><\/p>\n

Die zweite Sichtweise stammt eher aus den Tagen des Kalten Krieges, ist aber angesichts des aktuellen Zustands des internationalen Systems m\u00f6glicherweise genau deshalb richtig: Russland testet den neuen US-amerikanischen Pr\u00e4sidenten, der noch keine 100 Tage im Amt ist. Seine Pl\u00e4ne f\u00fcr ein umfangreiches innerstaatliches Konjunkturprogramm, die Ank\u00fcndigung des R\u00fcckzugs amerikanischer Soldaten aus Afghanistan und die durch COVID zus\u00e4tzlich angespannte Haushaltssituation machen deutlich, dass er kein Interesse an weiteren internationalen milit\u00e4rischen Engagements haben sollte.  Joe Biden muss nun aber zeigen, wie er auf die Provokationen aus Russland reagieren wird. Es k\u00f6nnte die Ouvert\u00fcre f\u00fcr die US-amerikanischen und russischen Beziehungen f\u00fcr die n\u00e4chsten Jahre sein. Es scheint klar, dass US-Pr\u00e4sident Biden genau so wenig wie US-Pr\u00e4sident Obama w\u00e4hrend der vorangegangenen Krise 2014 f\u00fcr die Ukraine eine milit\u00e4rische Konfrontation eingehen will. In diesem Kontext muss er deutlich machen, dass die USA ein \u00e4hnliches Vorgehen wie 2014 nicht akzeptieren werden. Nur wenn Biden jetzt schnell und entschieden handelt, wenn er glaubhaft vermittelt, dass die USA wieder verst\u00e4rkt Interesse an der Rolle als Weltpolizist haben, kann der Aufmarsch Russlands unter mehr oder weniger glaubhaften Begr\u00fcndungen abgebrochen und die Truppen an der Grenze zur Ukraine reduziert werden. Andernfalls k\u00f6nnte Russland versuchen, das von den USA verursachte Machtvakuum zu nutzen \u2013 wie andere Regionalm\u00e4chte auch. Eine weitere Schw\u00e4chung des internationalen Systems mit vielen weiteren internationalen Krisen w\u00e4re die Folge.<\/p>\n

Politische Risiken gelten bisher als komplex und wenig greifbar. Kontaktieren Sie unser Sales Team<\/a>, um zu erfahren, wie MBI\u2019s CONIAS Risk Intelligence<\/a> Unternehmen dabei unterst\u00fctzen kann, Risiken fr\u00fchzeitig zu erkennen und gezielte Anpassungsstrategien zu entwickeln.<\/p>\n


\n\u00dcber den Autor:<\/strong>
\nDr. Nicolas Schwank
\nChief Data Scientist Political Risk
\nMichael Bauer International GmbH<\/p>\n

Bildquelle: \u0412\u041e \u00ab\u0421\u0432\u043e\u0431\u043e\u0434\u0430\u00bb<\/a>, CC BY 3.0<\/a>, via Wikimedia Commons<\/p>\n

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